Der Abschluss ist in Reichweite – und was kommt dann? Natürlich kann man endlose Bewerbungsmarathons hinter sich bringen und klassische Karrierewege einschlagen. Doch es gibt eine spannende Alternative: die Selbstständigkeit, das Gründen eines Start-ups. Ein Schritt, der einiges an Mut benötigt und auch das Risiko birgt, auf die Nase zu fallen. Und Scheitern gilt in Österreich immer noch als No-Go.
Warum ist das bis heute so? „Gründen war hierzulande lange Zeit kein großes Thema, Sicherheit stand an erster Stelle“, erklärt Alfred Gutschelhofer vom Zentrum für Entrepreneurship an der Uni Graz. „Das hat auch mit der Geschichte des Landes zu tun. Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich das Unternehmertum hauptsächlich auf Versorgung und Verlässlichkeit.“ Österreichs Wirtschaft war über Jahrzehnte auf die Verminderung von Risiko ausgelegt.
Während des Kalten Kriegs hat sich dieses System im neutralen Österreich weiter verfestigt. Doch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, dem Beitritt zur EU und der Globalisierung der Lieferketten haben sich die Schwächen dieses Systems gezeigt. „Österreich ist eine Art Vollkasko-Gesellschaft geworden“, sagt Gutschelhofer.
Safe Space zum Gründen
Auch um dieser Denkweise entgegenzuwirken, hat die Universität Graz vor 15 Jahren das Zentrum für Entrepreneurship gegründet. „Als Universität ist es unsere Aufgabe, den Studierenden die Möglichkeit zur Selbstständigkeit aufzuzeigen“, erklärt Gutschelhofer. „Die Uni kann für junge Menschen ein Safe Space sein, in dem sie ohne Druck und mit Raum für Träume ihre ersten Versuche als Gründer:in wagen können
Gutschelhofer ist zuversichtlich, dass der Kulturwandel zu mehr Unternehmergeist schon im Gange ist. „Es hat sich bereits viel getan. Die jungen Menschen fürchten sich nicht mehr so sehr vor dem Schritt in die Selbstständigkeit und ziehen das auch durch.“ Ihre Kompetenzen stellen österreichische Studierende regelmäßig bei internationalen Programmen unter Beweis, bei denen sie mit Kolleg:innen aus den USA zusammenkommen und gemeinsam Business-Pläne entwickeln. Dabei zeigt sich ein spannender Unterschied: „Während die Österreicher:innen oft stark in Finanzplanung sind, punkten die US-Amerikaner:innen mit kreativem Marketing.“ Finanzwissen sei natürlich eine hohe Tugend, betont Gutschelhofer. „Aber bei der Vermarktung können wir uns von den US-Start-ups schon einiges abschauen.“
Für Gutschelhofer ist es wichtig, die Begeisterung für das Unternehmertum früh zu wecken. Wenn man sich bereits in der Jugend mit dem Gründen von Unternehmen beschäftigt, wird Selbstständigkeit für junge Menschen zu einer echten Karriereoption. Das untermauert eine Umfrage des Start-up-Monitors: Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, bereits während der Ausbildung die Idee zur Unternehmensgründung gehabt zu haben. „Damit dieser Funke zu einem tragfähigen Weg werden kann, braucht es die Grundlagen unternehmerischen Denkens und Handelns: Eigenverantwortung und Eigengestaltung – Fähigkeiten, die im universitären Umfeld bewusst gefördert werden“, erklärt Gutschelhofer.
Risiko wagen
In der Anfangsphase gibt es für die Jungunternehmer:innen in Österreich auch viel Unterstützung. Hier setzt auch das Angebot der Universität Graz an. Das Zentrum für Entrepreneurship bietet Workshops, Coachings und Programme für Forscher:innen, Studierende und Mitarbeiter:innen an, unabhängig davon, wie weit die Start-up-Idee bereits gereift ist. Und wenn es dann ernst wird, gibt es eigene Start-up-Inkubatoren. „In diesen Firmen-Brutkästen können die jungen Gründer:innen in einem sicheren Umfeld ihre ersten unternehmerischen Schritte tun“, sagt Gutschelhofer.
Nach dieser sogenannten Seed-Phase wird es in Österreich aber schwieriger. Es gibt zu wenige mutige Kapitalgeber:innen, die aus einer guten Idee ein wachsendes Unternehmen machen können. „Hier sind viele Geldgeber zu wenig risikoaffin“, sagt Gutschelhofer. Auch viele Start-ups sehen das als einen der größten Stolpersteine, um in Österreich erfolgreich zu sein.
Das trifft den Deep-Tech-Sektor noch stärker, also jene Start-ups, die sich aus dem Wissenschaftsbetrieb entwickeln. „Die guten Unternehmen wandern dann ab“, warnt Gutschelhofer. „Dabei sollten wir als Gesellschaft wirklich darauf achten, solche Menschen im Land zu halten. Wenn wir Unternehmer:innen fördern, sollten wir dafür sorgen, dass diese eine Bindung zu Österreich behalten.“
Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wäre das ein Gebot der Stunde. Doch wie? Genau das soll bei den Grazer Wirtschaftsgesprächen thematisiert werden. Expert:innen blicken auf die vergangenen drei Jahre zurück und loten die Möglichkeiten regionaler und nationaler Standortpolitik aus. Am 25. November 2025 ab 18:00 Uhr in der Aula der Uni Graz.
Für alle, die vielleicht eine geniale Idee haben oder einfach mehr über Firmengründung wissen wollen: Am Zentrum für Entrepreneurship findet man kompetente Ansprechpersonen. https://entrepreneurship.uni-graz.at/de/