Wie steht es um die österreichische Wirtschaft nach drei mageren Jahren? Dieser Frage widmeten sich Tobias Thomas, Wirtschaftspolitik-Professor an der Uni Graz, der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, und Barbara Eibinger-Miedl, Staatssekretärin im Finanzministerium. Sie beleuchteten die Gründe hinter Österreichs lang anhaltender Rezession und zeigten Wege auf, wie wir gemeinsam wieder auf Kurs kommen.
Zum Einstieg lieferte Ökonom Thomas konkrete Fakten: Zwischen 2020 und 2025 stieg das Lohnniveau in Österreich im Schnitt um 27 Prozent, in Deutschland im selben Zeitraum um 15 Prozent. Das macht Produkte aus Österreich teurer. Bei der Abgabenlast mit 47 Prozent des Einkommens liege das Land in der EU ebenfalls im Spitzenfeld, vom Brutto-Lohn bleibt den Menschen wenig. Und angesichts angespannter Budgetzahlen besonders schwerwiegend: 55 Prozent der Wirtschaftsleistung kommt aus der öffentlichen Hand. „Österreich ist mehr Staatswirtschaft als Marktwirtschaft“, brachte es Thomas auf den Punkt.
IV-Präsident Knill nannte drei zentrale Hürden für Österreichs Wirtschaft: Hohe Lohnkosten, teure Energie und eine komplexe Bürokratie, weil Österreich selbst EU-Vorschriften besonders streng auslegen würde. „Man darf sich hier keinen Illusionen hingeben: Die Deindustrialisierung des Landes findet bereits statt.“ Und wenn Deutschland wirklich einen Industriestrom für 5 Cent/kWh einführt, werde sich der Trend beschleunigen.
Strukturreformen
Staatssekretärin Eibinger-Miedl sah auch den Energiebereich als eine große Belastung für den internationalen Wettbewerb. Allerdings kritisierte sie, dass bei Unternehmen immer öfter die Idee existiert: Der Staat wird uns schon unterstützen. Sie kündigte ein Ende der Gießkannen-Förderung an. „Was wir jetzt benötigen, sind Strukturreformen und es haben alle Betroffenen verstanden, dass etwas geschehen muss.“ Sie bezeichnete Forschung und Entwicklung als eine der größten Stärken Österreichs. Ihr Appell: Wissenschaftliche Durchbrüche müssen schneller in die Praxis kommen und in die Unternehmen integriert werden.
Georg Knill brachte mit Italien ein warnendes und gleichzeitig positives Beispiel: Dort stagnierte die Wirtschaft über viele Jahre und man hatte nichts getan. Doch seit rund fünf Jahren werden harte Reformen umgesetzt. Heute steht Italien wirtschaftlich besser da als Österreich. Tatsächlich sah auch der Uni-Graz-Professor Thomas in der aktuellen Rezession eine Chance. „Große Veränderungen passieren oft in Krisenzeiten und mit einer jungen Regierung.“
Staatssekretärin Eibinger-Miedl versprach konkrete Schritte. So soll in den kommenden Wochen ein großer Bürokratie-Abbau umgesetzt werden, ein eigener Scale-up-Fonds soll Start-ups in der kritischen Wachstumsphase helfen und auch die Pensionen seien durch die geplanten Reformen vorerst abgesichert. Sie merkte jedoch an, dass man bei Reformen stets darauf achten müsse, die Bevölkerung mitzunehmen.
Creative Destruction
Einen anderen Blickwinkel auf die Diskussion wollte Georg Schneider, Dekan der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, einbringen, in dem er das Konzept der Creative Destruction von Joseph Schumpeter ins Spiel brachte. Dieses besagt, dass durch Innovation und neue Produktionsprozesse alte Strukturen zerstört werden. Konkret fragte der Dekan den IV-Präsidenten Knill, ob das Verschwinden bestimmter Industriezweige nicht auch Platz schaffen würde für neue, innovative Unternehmen.
Knill konnte dem Konzept prinzipiell etwas abgewinnen, machte allerdings auf ein wichtiges industriepolitisches Thema aufmerksam: Resilienz. Die EU will unabhängig werden, zum Beispiel bei Chips, Energie oder seltenen Erden. Und dafür brauche es die entsprechenden Industrieunternehmen in Europa.
Für Rektor a.D. und Uni-Graz-Professor Alfred Gutschelhofer, , der dieses Format vor 15 Jahren ins Leben gerufen hat, endete mit diesen Wirtsschaftsgesprächen seine aktive Rolle als Veranstalter. Er geht in den Ruhestand. Die Organisation liegt in Zukunft bei Rektor Peter Riedler in Zusammenarbeit mit Thomas Krautzer, Professor für wirtschaftliche Standortfragen und Standortentwicklung.
Neugierig geworden, wie all diese Puzzleteile, von globalen Märkten bis zu Start-ups, zusammenpassen? Dann ist ein Studium der Volkswirtschaftslehre/Economics oder BWL möglicherweise das Richtige.