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Zukunft gestalten

Donnerstag, 25.04.2019, Forschen

Ökonom Jörn Kleinert über Herausforderungen der digitalen Transformation

Wenn künstliche Intelligenz in Unternehmen auch Management-Aufgaben übernehmen kann, werden dann die Gehälter der ManagerInnen sinken? „Eine Frage, die ihre Berechtigung hat, die aber derzeit wohl niemand eindeutig beantworten kann“, sagt Jörn Kleinert, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Graz. Der Ökonom befasst sich in seiner Forschung mit den Veränderungen, die im Zuge der digitalen Transformation die Wirtschaft vor neue Herausforderungen stellen. Diese sind Thema der Jahrestagung der Nationalökonomischen Gesellschaft am 25. und 26. April 2019 an der Universität Graz.

Die Digitalisierung ist von einem technischen zu einem gesellschaftlichen Phänomen geworden. Der vereinfachte Zugang zu Informationen und die weitreichenden Möglichkeiten der Informationsverarbeitung haben einen Strukturwandel in Gang gesetzt. „Dieser Umbruch, der unser Zusammenleben und Arbeiten noch stärker verändern wird, ist durchaus mit der Industrialisierung vergleichbar“, meint Kleinert. „Wobei wir noch gar nicht wissen, wohin genau uns die Entwicklungen führen werden.“

Für die gesamte Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist unter anderem, wie wir zukünftig Produktion gestaltet sehen wollen. Welche Rolle soll Künstliche Intelligenz im Produktionsprozess spielen? Welche Arbeitsplätze werden verschwinden? Werden Menschen in der Produktion noch gebraucht? Und wenn ja, wofür? Damit in Zusammenhang stehen Fragen der Umverteilung: Wer soll wofür wie viel Geld bekommen? Wenn es nicht die Produktion ist, die diese Entscheidung leitet, was dann? Was macht das mit unserer Gesellschaft, wenn Produktions- von Verteilungsentscheidungen getrennt werden?
Bei der Podiumsdiskussion „Digitalisierung – Zwischen Aufholen in der Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiger Verteilung der Einkommen“ am 25. April um 18 Uhr in der Aula der Universität Graz setzen sich ÖkonomInnen mit diesem Thema auseinander.

Freiheit ohne Regulierung?
Mit Blick auf den wirtschaftlichen Wettbewerb sind auch andere Antworten gefordert. Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung ist spontan ein riesiges Informationsangebot entstanden, das in weiten Teilen frei von staatlicher Regulierung ist. Wenn Privatpersonen zum Beispiel über Uber Taxi-Dienste oder über Airbnb Unterkünfte anbieten, dann sind diese Geschäftsbeziehungen nicht den Regelungen unterworfen, die sonst für Unternehmen gelten. Das hat massive Auswirkungen auf das Wirtschaftsgefüge und sorgt für unfaire Bedingungen. „Wie gehen wir damit um? Wollen wir das? Was wollen wir? Viele Fragen der Regulierung und institutionellen Einbettung in Wirtschaft und Gesellschaft sind noch nicht ausdiskutiert und schon gar nicht beantwortet“, so Kleinert. Die Tagung in Graz soll die wissenschaftliche Auseinandersetzung auch damit anregen.

Als Volkswirt mit Schwerpunkt Außenwirtschaft, interessiert sich Kleinert besonders für die Strukturen, die sich im Zuge der Digitalisierung am internationalen Informationsmarkt etabliert haben. „Wie lässt sich ein Markt organisieren, der möglichst offen und allen MitbewerberInnen und NutzerInnen zugänglich sein soll?“, lautet eine zentrale Frage, auf die der Ökonom Antworten sucht. Derzeit wird dieser Markt von fünf großen Anbietern beherrscht: Google, Amazon, Facebook, Microsoft und Apple. Wie sieht es mit den Machtverhältnissen zwischen diesen dominanten Unternehmen und den Nachfragenden aus?

Informationsnetzwerke leben von ihrer Größe. „Würde man die Big Five zerschlagen wollen, um ihre Macht zu brechen, ging wohl auch der Netzwerkeffekt verloren“, gibt Kleinert zu bedenken. „Das heißt aber nicht, dass man ihnen völlig ausgeliefert ist und gar nicht regulierend eingreifen kann, etwa wenn es um Persönlichkeitsrechte geht. Der Gesetzgeber muss entscheiden, was in einer Gesellschaft höher zu bewerten ist, schrankenlose Freiheit oder der Schutz persönlicher Daten“, nennt der Forscher ein Beispiel.

Das gilt genauso für die Wirtschaft. Kleinert verweist hier auf den digitalen Binnenmarkt der EU: „Das Wettbewerbsrecht erlaubt einem Staat bzw. einer Staatengemeinschaft, ausländischen Unternehmen etwas zu verbieten, was negative Auswirkungen auf den heimischen Wettbewerb hätte. So erreichte die EU-Kommission, dass Microsoft den Quellcode seines Betriebssystems offenlegen musste, was Wettbewerbern erlaubt, Applikationen zu entwickeln, die auf diesem Betriebssystem laufen.“

An der Universität Graz ist die Auseinandersetzung mit den großen Veränderungen durch die Digitalisierung und ihren Auswirkungen auf allen Ebenen ein zentrales Thema. Im Forschungsnetzwerk „Human Factor in Digital Transformation“ suchen WissenschafterInnen aus Soziologie, Psychologie, Philosophie, Theologie, System-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften nach Strategien, um den Umbruch gut bewältigen und neue Chancen nutzen zu können.

>> Jahrestagung der Nationalökonomischen Gesellschaft 2019

 

 

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